Realschule Plus - Daun Vulkaneifel - Kooperative Realschule

Gesichter der Opfer

Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus an der Drei-Maare-Realschule plus Daun am 26. Januar 2022

Auschwitz – Birkenau, das berüchtigte Arbeits- und Todeslager - eine Todesfabrik! Ein Synonym für die schreckliche, menschenverachtende Herrschaft der Nazis - über eine Million Tote!
„Morgen, am 27. Januar, vor genau 77 Jahren, befreiten die Soldaten der Roten Armee dieses Konzentrationslager. Der Tag gehört allen Opfern des Nationalsozialismus, denen wir hier heute auch gedenken“, referierte Verbindungslehrer Stefan Müsseler in seinem einführenden Vortrag und stellte die historischen Hintergründe dar, um die Frage, wie so etwas überhaupt passieren konnte, beantworten zu können. Das Team der Schülervertretung, Julia Langer, Justin Binda, Esteban Raj, Jan Kremer und Lukas Dedisch stellten einzelne Steckbriefe von Opfern exemplarisch für einige der verfolgten Gruppierungen vor. So starb Marcelle Dorr als französische Zwangsarbeiterin in Gerolstein. Wolfgang Götz Zerban: „Ich wurde im Alter von drei Jahren ermordet, weil ich an Drüsentuberkulose und an Downsyndrom litt. Daher war mein Leben für die Nationalsozialisten nicht lebenswert,“.
Toni Essing, die in einer Klinik in Andernach ermordet wurde, weil sie schizophren war. Der 24-jährige Dauner Peter Borsch fand in einem U-Boot den Tod. Der letzte Steckbrief handelte von einem polnischen Jungen, dessen Schicksal im folgenden Filmbeitrag näher betrachtet wurde. Er stellt das zentrale Gesicht der Ausstellung dar, welche von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrern der Realschule plus in Daun im Vorfeld erstellt worden war. Sie trägt den Namen „GESICHTER der OPFER“ und ist eingebettet in die diesjährige Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus.
„Der Walerek war sehr jung, sehr naiv. Erfahrung hatte der gar keine. So naiv: Wenn du ihm sagst: Das und das ist wahr oder, so und so ist das im KZ – der glaubt das sofort. … Für solche ist das schwer im KZ, sehr schwer. Da musst du brutal sein, aber nicht naiv, und Walerek war immer naiv, sehr naiv.“ So berichtet der zwei Jahre ältere polnische Mithäftling Walerjan Wróbels im KZ Neuengamme, Michał Piotrowski, 1985 in einem Interview. Der 16-jährige Walerjan Wrobel kommt als Zwangsarbeiter nach Deutschland auf einen Hof bei Bremen, er wird dort nicht gut behandelt, muss hart arbeiten und hat sehr großes Heimweh. Nachdem er ein kleines Feuer in der Scheune entzündet, mit dem Ziel wieder nach Hause geschickt zu werden, führt sein weiterer Weg über das KZ Neuengamme schließlich ins Hamburger Untersuchungsgefängnis Holstenglacis.

„…Und hat nicht gedacht, dass Feuer ‚Sabotage’ heißt. Das hat er gar nicht verbunden im Kopf. Der war die ganze Zeit so naiv. Ganz naiv. Ein Kind." Trotz seiner Minderjährigkeit wird er am 8. Juli 1942 in einem Sondergerichtsverfahren als "Volksschädling" wegen Brandstiftung zum Tode durch das Fallbeil verurteilt, das "Jugendgerichtsgesetz" fand auf ihn als Polen keine Anwendung. Verbindungslehrerin Steffi Jäger unterbrach den Filmbeitrag mit einem Vortrag. Sie stellte den Liedtext „Irgendwo auf der Welt, gibt´s ein kleines bisschen Glück…“ von den Comedian Harmonists vor und machte damit die Hoffnung und Sehnsucht auf ein besseres Leben der damals betroffenen Menschen deutlich.
Es folgte ein Beitrag der Geschichtslehrerin Julia Pospiech, die betonte, dass niemand die Zeit des Nationalsozialismus vergessen dürfe. Jeder Bürger müsse dazu aufgefordert werden, achtsam die Umwelt zu beobachten, damit sich zum einen die Grausamkeiten des NS-Regimes nicht wiederholen und zum anderen das Andenken der Opfer nicht beschmutzt wird. Auf bissige, ermahnende und emotionale Weise zeigte sie jedoch anhand aktueller Zeitungsschlagzeilen auf, dass sich die Geschichte momentan in ihren Grundzügen wiederhole, wofür sie die Situation der muslimischen Bevölkerungsgruppe der Uiguren in China, den Rechtsruck in Europa und die derzeitige Stimmung in Deutschland anführte. Der Anspruch, aus der Zeit zu lernen und die Fehler nicht zu wiederholen, werde folglich nicht erfüllt. Somit bliebe die Idee, wenigstens das Andenken der Opfer nicht beschmutzen zu wollen. Erneut führte sie den Schülern vor Augen, dass am 17.01.2022 in Köln das Denkmal zum Gedenken an die homosexuellen Opfer der NS-Zeit beschmiert wurde sowie am 24.01.2022 eine niederländische Touristin "aus Spaß" in der Gedenkstätte Auschwitz den Hitlergruß machte. Somit werde nach ihrer Ausführung der zweite Auftrag ebenfalls nicht erfüllt. Es wurde totenstill, als die Schülerinnen und Schüler angeklagt wurden, ebenfalls durch Beleidigungen auf dem Schulhof das Andenken der Opfer zu beschmutzen, da sie und ihre Altersgenossen "Jude, Behinderter, Spast, Schwuchtel" etc. unreflektiert sowie inflationär als Beleidigungen verwendeten - also Religion, Gesundheitszustand oder die Sexualität einer Person – eben diese Eigenschaften, die zur Zeit des Nationalsozialismus ein sicheres Todesurteil für diese Gruppen waren.
Die Appelle "Überlegt, was ihr tut und sagt", "Achtet auf eure Umwelt, sodass ihr gefährliche Entwicklungen erkennen könnt" und "Macht bei Ungerechtigkeiten den Mund auf und sagt nein!" rundete die Ansprache ab und leitete zum Lied „Sage nein“ des deutschen Liedermachers Konstantin Wecker über. Schülerinnen und Schüler äußerten im Anschluss an die Veranstaltung: Sonja Schulz, 15 Jahre alt, 10a "Ich musste zwischendurch rausgehen, es wurde mir emotional zu eng.“ Levi Kappen, 16 Jahre alt, 10c "Die Veranstaltung hat mich sehr zum Nachdenken gebracht, krass, wie das zu dieser Zeit war." Sophie Hanser, 15 Jahre alt, 10a "Ich habe mir überlegt, wie ich mich wohl verhalten hätte, wenn ich in dieser Zeit gelebt hätte." Das Planungsteam hatte bewusst den Tag vor dem offiziellen Gedenktag für die schulinterne Veranstaltung gewählt. Somit seien die 9- und 10 Klässler, sowie die 12er gut vorbereitet gewesen, die unzähligen Informationen in der Presse dann bewusster und intensiver aufnehmen und verstehen zu können. Die Ausstellung kann noch in der nächsten Woche von Interessierten besucht werden. Dazu liegen unterschiedliche Arbeitsaufträge vor, welche die Ausstellung im Anschluss mit den Gedanken der Betrachter ergänzen.

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